Dienstag, 17. Juli: Sachsen im Sausewind
Heute bin ich von Leipzig fast bis Dresden gefahren (naja, 35 Kilometer fehlen noch). Aber zuvor noch ein paar Worte zu gestern: Es war ja nun das erste Mal auf meiner Reise, dass ich keinen eigenen Raum für mich hatte. Ich teilte ihn mit drei fremden Männern (wobei einer so jung war, dass „Mann“ gerade so stimmte. Egal. Jedenfalls habe ich mich den dreien gut unterhalten, vor allem mit dem radelnden Engländer John, mit dem ich lange Gespräche über die Tücken des Buchens von Bahnfahrkarten mit Fahrrad führte.
Nun, ich bin heute morgen bei nassem Wetter losgefahren und mußte mich nach nicht einmal zehn Minuten schon vor dem ersten heftigen Regenguss verstecken – unter einem Baum, der auch nicht viel aufhielt. Glücklicherweise war das auch der letzte Regenguss des Radfahrtages. Ich düste einfach die B6 Richtung Dresden, und düsen ist nicht falsch, denn es wehte ein kräftiger Westwind ich hatte fast durchgehend Rückenwind, und was für einen! Man merkt es am heutigen Geschwindigkeitsschnitt, denn ich konnte auf den flachen Strecken locker 30 km/h fahren. An einer abschüssigen Strecke habe ich dann meinen persönlichen Geschwindigkeitsrekord auf dem Fahrrad überhaupt aufgestellt: Stolze 56,93 km/h. Und wenn ich sicher hätte sein können, dass ich den nächsten Kilometer Straße für mich habe, dann wären auch die 60 drin gewesen. So habe ich lieber abgebrochen, denn bei einem Unfall auf dem Tempo wären die Folgen unabsehbar.
Nun, ich machte eine sonnige Mittagspause in dem schönen Örtchen Oschatz. Ich nutzte auch die dortige Kirche St.Aegidien für kurze Einkehr und ein Gebet. Und dann beschloß ich, nicht nach Riesa zu fahren, sondern bis Meißen durchzuziehen. Hat funktioniert – ich erreichte Meißen gegen vier und nahm dann ein Zimmer in der „Herberge Orange“, eine Art Jugendherberge, aber ohne DJH-Stempel. Das Niveau ist ähnlich, aber immerhin gibt es Handtücher.
Ich bin dann in die Stadt geradelt (es wäre nah genug, um zu Fuß zu gehen, aber mit dem Rad ging es deutlich schneller) und habe mich etwas umgeschaut. Für eine anständige Besichtigung langte es nicht mehr, dafür war es auch zu spät. Dafür hab ich mich im Domkeller auf die Terrasse gesetzt (die über den Dächern der Stadt einen tollen Ausblick bietet) und ein Biergulasch im Brotlaib gegessen – und dabei zwei Sorten der hiesigen Schwerter-Brauerei probiert.
Übrigens kam derweil ein weiterer Regenguß runter, aber ich war unter er Markise sicher und trocken. Und weil ich schon bei „diebisch säggschn“ Spezialitäten war, habe ich mir unten am Markt noch einen Schoppen Meißner Spätburgunder gegönnt. Und eine neue Sonnenbrille war auch noch drin, weil sich meine ALDI-Sonnenbrille in ihre Einzelteile auflöst. Die neue ist von SwissEye, einer Firma aus Bielefeld – ausgerechnet. Na, was solls, jedenfalls bin ich jetzt gut ausgerüstet.
Meine Übernachtung für morgen steht auch schon, die Kartellbrüder von Abraxas-Rheinpreußen werden mich aufnehmen (und haben wohl sogar ein freies Zimmer für mich). Und wo ich schon am Telefonieren war, habe ich mal auf dem Haus in Münster angerufen und hallo gesagt (und eine Runde für die Spontankneipe im Keller ausgetan).
Gutes Werk getan, Tagwerk erledigt, und jetzt gute Nacht.
Start: Leipzig (9:50); Ende: Meißen (16:30)
Tagesstrecke: 88,75 km; Zeit: 4:32:45; Avg.Speed: 19,52; Max Speed: 56,93.